Was geschah 1917? Lehren der Oktoberrevolution für heute
Die SAV-Sozialistische Alternative gibt eine neue Broschüre zur Russischen Revolution heraus. Die Broschüre kann auf der Website von Manifest Bücher (hier klicken) bestellt werden.
Aus der Einleitung:
Zum hundertsten Jahrestag der Oktoberrevolution in Russland sind verschiedenste Erzählungen und Bewertungen über dieses Ereignis und die Folgen zu hören und zu lesen. So liest man bei Deutschlandfunk im Beitrag „1917, Kinder der Russischen Revolution“: „Während der Erste Weltkrieg tobt, gärt es in Russland. Hunger und Armut führen im Februar 1917 zu Aufständen und zum Sturz des Zaren. Im Oktober dann gelangen die Bolschewiki per Staatsstreich an die Macht – die Sowjetunion wird gegründet.“ Weiter unten im Text wird die jahrzehntelange Behauptung widergekäut, der stalinistische Terror sei das Instrument für die „konsequente und rücksichtslose Durchsetzung der bolschewistischen Revolution“ gewesen. Mit der Gleichsetzung von Bolschewismus und Stalinismus sollen die Ideen des Sozialismus diskreditiert werden.
Diese Art der Geschichtsschreibung ist nicht neu. Damit ist sie jedoch nicht wahr oder „objektiv“. Leo Trotzki, einer der wichtigsten Akteure in der russischen Revolution und später entschiedener Kämpfer gegen den Stalinismus, schreibt in seinem Vorwort zu seiner „Geschichte der Russischen Revolution“: „Bleibt die Frage der politischen Stellung des Autors, der als Historiker auf dem selben Standpunkt steht, den er als Teilnehmer der Ereignisse inne hatte. Der Leser ist selbstverständlich nicht verpflichtet, die politischen Ansichten des Autors zu teilen, der seinerseits keine Veranlassung hat, sie zu verheimlichen. Aber der Leser hat das Recht, von einer historischen Arbeit zu fordern, dass sie nicht die Apologie einer politischen Position, sondern die innerlich begründete Darstellung des realen Prozesses der Revolution sei. Eine historische Arbeit entspricht nur dann vollkommen ihrer Bestimmung, wenn auf den Buchseiten die Ereignisse in ihrer ganzen natürlichen Zwangsläufigkeit abrollen. Ist hierfür eine sogenannte historische „Unvoreingenommenheit“ erforderlich? Niemand hat noch klar gesagt, worin sie zu bestehen habe.“
In der Tat ist Geschichtsschreibung in einer Gesellschaft, die nach wie vor von empörender Ungleichheit geprägt ist, von Krieg und Terror erschüttert wird, mit einer nach wie vor ungebrochenen Klassenherrschaft einer kleinen Minderheit von Superreichen über die große Masse der arbeitenden und armen Weltbevölkerung, nicht objektiv. Die Gates, Buffets, Bezos, Ortegas, Quandts, Schäfflers, die Trumps dieser Welt sowie ihre Statthalter, zittern bei der Vorstellung einer Revolution. Denn was würde es bedeuten? Es würde bedeuten, dass sie ihre Macht verlieren und ihr Privateigentum von vielen Milliarden Euro nicht mehr in dubiose Aktiengeschäfte oder den Bau von Prunkhäusern oder ähnlichem fließen würde, sondern in den Bau von Krankenhäusern und Schulen, in die Infrastruktur der Länder, in denen Millionen von Menschen hungern und vieles mehr. Mit den weltweit vorhandenen Ressourcen wäre es möglich, allen Menschen genügend zu Essen, eine gute Gesundheitsversorgung, Bildung und materiellen Wohlstand zugute kommen zu lassen. Die Entscheidungen darüber, was, wie und wieviel produziert wird, welche Verkehrsmittel genutzt werden, wie lange der Arbeitstag sein soll, wie Schule und Wissenschaft gestaltet werden, läge bei demokratisch gewählten Räten aus der Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung anstatt bei einer reichen Minderheit.
In der Betrachtung der Geschichte der Russischen Revolution beziehen wir klar Stellung. Für uns war sie ein erster historischer Schritt zur Abschaffung eines zerstörerischen Gesellschaftssystems. Der Kampf gegen die stalinistische Entartung blieb leider erfolglos. Für uns geht es darum, die Lehren aus den Ereignissen zu ziehen. Diese werden im Kapitel „Oktoberrevolution 1917 – Die wichtigsten Lehren“ zusammen gefasst.
Die Sowjetunion war in den ersten Jahren das demokratischste System, das es je gegeben hat. Die Macht lag bei den Sowjets, den Räten aus ArbeiterInnen, einfachen Soldaten und BäuerInnen. Die Masse der arbeitenden Bevölkerung in den Städten und auf dem Land unterstützten ihre neue Regierung. Die stalinistische Entartung der Revolution war den objektiven Bedingungen geschuldet. Dazu mehr im Kapitel „Stalinismus – Irrweg der Geschichte“
Die Oktoberrevolution hatte jedoch eine enorme Leuchtkraft auf ArbeiterInnen international, was im hier abgedruckten Text von Clara Zetkin, Gründerin des Spartakusbundes, deutlich wird.
Eine zunehmende Anzahl von Menschen stellt das jetzige Gesellschaftssystem infrage, das auf der Herrschaft und dem obszönen Reichtum einer Minderheit basiert, in welchem dieser Planet zugrunde gerichtet wird, in welchem täglich Kriege geführt werden.
Die wahre Geschichte der Russischen Revolution ist reich an Lehren für die endgültige Abschaffung des Kapitalismus. Es gibt eine Alternative – eine sozialistische Gesellschaft – im Interesse der Mehrheit anstatt einer Minderheit.