Der Klimawandel bedroht hunderte Millionen Menschenleben, ob durch Fluten, Hungersnöte, Dürren, Luftverschmutzung oder Kontamination von Trinkwasser. Um ihn aufzuhalten, reicht es nicht ein paar kleine Stellschrauben zu drehen. Wir brauchen eine komplett andere Wirtschaft, ausgerichtet an den Bedürfnissen von Mensch und Natur statt an Profitmaximierung. Der Verkehr ist dafür ein gutes Beispiel: Es reicht nicht, dass ein Bus in einer Kleinstadt zweimal häufiger am Tag fährt oder 1% mehr Waren auf der Schiene statt auf dem LKW transportiert werden. Es reicht nicht, dass ein paar Leute einen Carpool machen aber zig Kilometer dorthin pendeln müssen, wo sie arbeiten. Es reicht nicht, die Umweltverschmutzung durch Ölförderung mit der Umweltverschmutzung durch Batterieproduktion zu tauschen. Wir brauchen eine Verkehrsrevolution!
Flugblatt der SAV zum Klimastreik
Jetzt umstellen!
Die Klimabewegung fordert, die Autofabriken auf umweltfreundliche Produktion umzustellen. Als Antwort erhielt sie von Konzernchefs und selbst von einigen Gewerkschaftsfunktionär*innen, das sei gar nicht oder nicht so schnell möglich.Tatsache, ist aber, dass in kurzer Zeit die Autoindustrie umgerüstet werden und sich auf den Bau von Bahnen und Bussen konzentrieren könnte, statt auf SUVs. Für einen gut ausgebauten ÖPNV braucht es mehr Fahrer*innen, Mechatroniker*innen, Beschäftigte im Service. Statt die Beschäftigten in der Klimaschädlichen Autoindustrie in die Arbeitslosigkeit zu entlassen, bräuchte es eine Arbeitsplatzgarantie für die Kolleg*innen, die ihr Know-How dann für den Ausbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs nutzen könnten.
Demokratisch geplant
Allerdings dürfen wir aktuell nicht mitreden, wer wann wo wie was umgestellt, mit welchem Material von wo und zu welchen Bedingungen was gebaut und erarbeitet wird. Der Markt regelt gar nichts. Deshalb brauchen wir eine Perspektive für eine Gesellschaft, in der wir über unser Leben und das der kommenden Generationen entscheiden.
In einer demokratisch geplanten Wirtschaft gibt es keine Profit- und Konkurrenzlogik. Sprich: Menschen, Natur und deren Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt. Es wird produziert was gebraucht wird. Niemand braucht Werbung oder Rüstung, unterschiedliche Plastikverpackungen oder Produkte, die um die halbe Welt geschifft werden, um ein paar Cent Lohn zu sparen. Nur im Kapitalismus machen solche Produkte Sinn. In einer sozialistischen Gesellschaft planen Beschäftigte, Nachbarschaftsvereine, Gewerkschaften und Pendler*innen gemeinsam, wie und wo welche Fahrzeuge gebraucht und mit welchem Material und unter welchen Arbeitsbedingungen sie produziert werden.
Kostenlos und für alle
Warum fahren immer noch so viele mit dem Auto? Weil es billiger ist, vor allem dann wenn die Ölpreise sinken. Die Ticketpreise von der Deutschen Bahn sind viel zu hoch. In einer kleinen Stadt wie Kassel kostet ein Einzelfahrschein drei Euro! Wenn der öffentlichen Nahverkehr kostenlos ist und der Fernverkehr nur noch die Hälfte kostet, können ihn viel mehr Menschen nutzen, und das Auto kann langfristig endlich ganz abgeschafft werden. Viele berufliche Reisen können heute problemlos durch Videokonferenzen ersetzt werden. Bei einer reduzierten Wochenarbeitszeit, bei vollem Lohn- und Personalausgleich, können auch längere Urlaubsreisen geplant werden. Diese werden mit ausgebautem Bus- und Bahnverkehr schöner als stressige Kurztrips mit dem Flieger.
So dezentral wie möglich
In einer demokratisch geplanten Wirtschaft würde Verkehrsplanung nicht nach den Profitinteressen der Autoindustrie sondern für und von allen geplant. Fahrradwege, Parks, Fußgängerwege und ein radikaler Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs stehen dabei im Mittelpunkt. Dazu gehört auch, dass Wohnraum zentrumsnah erschwinglich ist. Und es gehört dazu, dass mit Immobilien und Land nicht spekuliert wird. Dann müssen weder Schüler*innen, noch Studierende oder Arbeitende stundenlang irgendwo hin pendeln um arbeiten, einkaufen oder entspannen zu können.
Öffentliches Eigentum
Solange zentrale Unternehmen privat sind und politische Entscheidungen sich an der Profitlogik der Konzerne orientiert, wird sich nichts grundlegend verändern. Trotz unzähligen Studien über den Klimawandel, die Rohstoffknappheit, Aussterben von Tierarten, Flutkatastrophen etc. kocht jedes Privatunternehmen sein eigenes Süppchen, während der Bundestag weitere klimaschädliche Maßnahmen verabschiedet. Wir brauchen einen grundlegenden Wechsel des Wirtschaftssystems. Wir brauchen Verstaatlichung und demokratische Kontrolle über Banken und zentrale Unternehmen um der Profitlogik ein Ende zu setzen. Davon hängt das Überleben der Menschheit ab.
Klimarettung geht nur global
Probleme, die die ganze Welt betreffen, müssen auch international gelöst werden. CO2, Flutwellen und Dürren machen nicht an Grenzen Halt. Betriebe müssen global vernetzt werden, Universitäten und Konzerne müssen ihr Wissen zur Verfügung stellen. Forschung darf nicht geheim gehalten werden.
Jetzt organisieren!
Wenn wir wollen, dass das System radikal verändert wird, müssen wir selbst aktiv werden. Während Rettungspakete für die Wirtschaft geschnürt werden, sollen nicht nur die Umwelt, sondern auch die Beschäftigten im Nahverkehr, dem öffentlichen Dienst und bei der Post leer ausgehen. Als Schüler*innen, Studis, Kolleg*innen, Betriebsräte und Aktive können wir nicht warten, bis die Pandemie vorbei ist. Wir müssen uns vernetzen und Druck von unten aufbauen.
Wir fordern:
- Global gegen die Zerstörung von Klima und Umwelt handeln
- Weltweite Umstellung auf Nachhaltigkeit und Demokratisierung der Produktion von Lebensmitteln, Kleidung, Verkehrssystem mit dem Ziel Null-Emissionen von CO2
- Energie-, Auto-, Großkonzerne und Banken in Gemeineigentum überführen bei demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch Belegschaftskomitees und Bevölkerung
- Statt Konkurrenz und Produktion für den Profit: International demokratische Kooperation und nachhaltige Planung entsprechend der Bedürfnisse von Mensch und Umwelt
- Für eine sozialistische Demokratie weltweit
Solidarität mit den Beschäftigten im Nahverkehr!
Warum die Verkehrsrevolution, höhere Löhne und Entlastung kein Widerspruch sind:
Seit Jahren wird in den Kommunen gekürzt. Das geht auf Kosten der Beschäftigten und der Lebensqualität aller Menschen. Egal welche Wirtschaftskrise oder welches Problem gerade kursiert, es wird benutzt, um Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Personal wird abgebaut, Löhne abgesenkt. Obwohl die Anzahl der Fahrgäste seit 1998 bundesweit um 24% gestiegen ist, arbeiten heute 18% weniger im öffentlichen Nahverkehr. Zugleich haben Kolleg*innen schlechtere Tarifverträge in Kauf genommen, um Arbeitsplätze zu halten. Trotzdem wurden Stellen gestrichen. Kein Wunder, dass sich viele Schülis nicht vorstellen können, Busfahrerin oder Tramfahrer zu werden. Der Job ist schlecht bezahlt, die Belastung groß. Über 40% der Beschäftigten sind bereits über 50 Jahre.
Mehr Personal
Für eine echte Verkehrsrevolution braucht es nicht weniger sondern mindestens drei- oder viermal so viel Personal wie heute. Hinzu kommt, dass die Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich drastisch reduziert werden müsste. Denn Bus- und Bahnfahrer*in ist eben kein einfacher Job. Auch Kolleg*innen bei der Technik, Mechatronik, Reinigung und Service brauchen gute Arbeitsbedingungen, damit der Nahverkehr gut funktioniert und es ihnen gut geht. Mehr Ruhezeiten, mehr Urlaub und weniger Arbeitszeit sind dringend nötig, um sich gut zu konzentrieren und nicht krank zu werden.
Die Konzerne wollen einen harten Klassenkampf von oben. Sie machen keine Zugeständnisse. Das muss mit einem harten Klassenkampf von Unten beantwortet werden: Ver.di und alle anderen DGB Gewerkschaften müssen über aktuelle Tarifergebnisse informieren und Druck organisieren. Am besten geht gemeinsam streiken, mit Post und öffentlichem Dienst, damit die Arbeitgeber sich bewegen! Gegenseitige Besuche von Delegationen in Streikzeiten machen Mut und ermöglichen Ideenaustausch unter Kolleg*innen. Demokratische Streikstrukturen zum Austauschen, Mitentscheiden und Transparenz bei den Tarifverhandlungen können die Kämpfe unterstützen und das Potential haben, die Regierung wirklich unter Druck zu setzen.