Die Corona-Schnelltests in der jetzigen Form dienen nicht nur als Maßnahme in der Bekämpfung der Pandemie, sondern einigen findigen Zeitgenossen auch als Geschäftsidee. Welche Rolle spielt dabei die Marktwirtschaft und wie könnte eine effektive Schnellteststrategie aussehen?
Von Viktor, Berlin
Die Abwicklung der Schnelltests über Zentren in der jetzigen Form ist eine marktwirtschaftliche Idee, nicht nur in dem Sinne, dass marktwirtschaftliche Anreize geschaffen wurden, um möglichst viele solcher Zentren zu errichten, sondern insbesondere, da die Testzentren mehr genutzt werden, um Shopping zu ermöglichen als zur zielgerichteten Bekämpfung der Pandemie.
Die Bezahlung von 18 Euro pro Schnelltest – die Einkaufspreise für den Test liegen aktuell unter 2 Euro im Großhandel – motivierte hier sowohl pandemiebedingt Erwerbslose aus den Bereichen Veranstaltung und Gastronomie wie auch größere Betreiber mitzumachen. Auch einige „Querdenker“ – wie z.B. der Arzt und „Corona-Skeptiker“ Paul Brandenburg – haben sich angesichts der hohen Profite an dieser Maßnahme des bei ihnen verhassten „Merkel-Regimes“ beteiligt.
Die Tatsache, dass für die Abrechnung mit dem Bund lediglich Zahlen genannt werden sollen, die mit nichts abgeglichen werden, ist eine Einladung zum Betrug. Die Motivation dieser Einladung bleibt bisher unklar – unter Leitung von Jens Spahn sind sowohl eine bewusste Teilhabe an der Korruption als auch schlichte Inkompetenz denkbar. Kontrollmöglichkeiten mit einer geringen Schwelle und ohne großen bürokratischen Aufwand hätte es gegeben – angefangen bei dem bloßen Abgleich der bestellten Materialen mit den gemeldeten Zahlen. Wie aber hätte sonst in so schneller Zeit ein derart umfassendes Netzwerk von Testzentren errichtet werden sollen? So die Antwort von Gesundheitsminister Spahn.
Alternative Teststrategie
Klar ist, dass die Schnelltests einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leisten. Im Gegensatz zur PCR-Methode sind die antigenbasierten Tests in weitaus größerer Zahl verfügbar, sind von Laien weitgehend sicher anwendbar und bieten für epidemiologische Zwecke eine ausreichende Genauigkeit. Für den sinnvollen Einsatz ohne Betrug bieten sich insbesondere zwei Szenarien an:
Erstens: Eine massenhafte Verteilung an Haushalte in Verbindung mit einer medialen Aufklärungskampagne in mehreren Sprachen. In Abhängigkeit von der epidemischen Lage könnte diese auch sehr fein gestuft laufen. Bei einer hohen lokalen Inzidenz oder in eng bebauten, armen Stadtteilen, die ein Ausbruchsgeschehen begünstigen, könnte die Verteilung auf täglicher Basis organisiert werden.
Zweitens: Ein anderes Szenario ist die Errichtung von Testzentren – allerdings nicht auf der Grundlage, schnelle Profite für wenige zu ermöglichen, sondern im Rahmen einer Planung an der beispielweise Epidemiolog*innen und Stadtplaner*innen beteiligt werden können. Die Gewinnung von Personal ist bei angemessenem Stundenlohn ohne Probleme möglich, die Beschaffung der Materialien kann durch zentrale Einkaufskomitees effizient laufen. Ein Anreiz zum Betrug ergibt sich hier nicht, da der Stundenlohn festgelegt wäre. Zusätzlich hat diese Regelung gegenüber der marktwirtschaftlichen Anreizregelung den Vorteil, dass Testzentren gezielt dort errichtet werden können, wo sie gebraucht werden, anstatt in jeder Seitenstraße mit brach liegenden Gewerbeimmobilien zu entstehen.
Das Management der Pandemie seitens der Regierung ist für die Arbeiter*innenklasse eine Katastrophe: SARS CoV2 wurde verharmlost, die Effektivität von Masken geleugnet, das massive Ausbruchsgeschehen in Alten- und Pflegeheimen hingenommen und monatelange – überwiegend private – Einschränkungen verhängt. Folge sind über 90.000 Todesopfer und zahllose Kollateralschäden der Lockdowns psychischer, körperlicher und wirtschaftlicher Art. Gleichzeitig gab es für die Reichen Möglichkeiten, sich bei den Rettungspaketen, Maskendeals und zuletzt den Testzentren aus der Staatskasse zu bedienen. Einmal mehr zeigt dies, wie wenig das kapitalistische System im Sinne des Gemeinwohls funktioniert.