Die etablierten Parteien CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP sind sich darin einig, nicht gegen die Interessen der Konzerne und der Reichen vorzugehen. Sie wälzen die Kosten der Pandemie und der wirtschaflichen Krisen auf die arbeitenden Menschen ab. Die offen rechte AfD ist noch extremer geworden, der faschistische Flügel hat mehr Einfluss als je zuvor. Die Grünen versprechen die ökologische Wende aber sind nicht bereit, sich mit dem Kapital anzulegen.
Die CDU will laut ihrem Wahlprogramm die Konzerne entlasten. „Wir wollen die Steuerlast für Gewinne, die im Unternehmen verbleiben, perspektivisch auf 25 Prozent deckeln“. Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die Erhöhung der Erbschaftssteuer lehnt die Union ab. Wer reich ist, soll noch reicher und die Wirtschaft soll laut CDU „entfesselt“ werden.
Für Immobilieninvestor*innen sollen neue „Anreize“ geschaffen werden. Diese haben trotz existenter Anreize nur teure Wohnungen gebaut und die Mieten angehoben. Die Union will einen erneuten Anlauf zur kapitalgedeckten Altersvorsorge machen, den Riester-Betrug 2.0 organisieren. Tempolimit und ein Ende von Verbrennungsmotoren lehnt die CDU ab.
Sie fordert eine weitere Einschränkung des Asylrechts, Abschiebeeinrichtungen an Flughäfen und „außenpolitische Stärke“. Die Sicherheitsbehörden sollen ein „Update“ bekommen, mehr Kompetenzen, mehr Videoüberwachung. In Nordhein-Westfalen zeigt Kanzlerkandidat Laschet, wie er sich das vorstellt: Das eilig während der Pandemie eingebracht Versammlungsgesetz ist ein Gesetz zur Unterdrückung von Protesten. Eine Regierung mit Beteiligung der CDU/CSU wird Rentenkürzungen und Sozialabbau mit mehr Repression durchsetzen wollen. Der Klimaschutz wird blockiert, die Bundeswehr aufgerüstet.
SPD im Niedergang
Die SPD hat ein wenig von der LINKEN abgeschrieben und etwas von den Grünen. Das Programm scheint sozialer und ökologischer als in den Jahren zuvor. Es klingt, als wolle die Partei das, was sie angerichtet hat, halb wieder gut machen. Der Schröder-Billiglohnsektor soll begrenzt werden, eine Mini-Vermögenssteuer von 1 % soll Investitionen ermöglichen. Aber für die SPD gilt im besonderem Maße: Nicht die schönen Worte des Wahlprogramms zählen, sondern die Praxis. Die SPD ist an vielen Länderregierungen beteiligt, ihre Politik ist unsozial und klimaschädlich wie eh und je. Auch sie hat sich schon vor langer Zeit dem Kapital verpflichtet.
Das Personal passt nicht zu den Worten des Wahlprogramms. Olaf Scholz steht nicht für Investitionen in Bildung und Gesundheit, sondern für die neoliberale Schuldenbremse und die Durchsetzung des Verarmungs-Programms Hartz IV. Die Mietpreisbremse hat es nicht einmal auf das geduldige Papier geschafft.
Die SPD wird wahrscheinlich nicht regieren. Sollte dies durch einen Zufall passieren, wird sie alle sozialen Programmpunkte beiseite schieben – so wie erst im Juni, als sie zuließ, dass die erhöhten CO2-Kosten allein auf die Mieter*innen abgewälzt werden und die Immobilienbesitzer*innen davonkommen. Oder als sie im Bundestag gegen mehr Rechte für Transpersonen stimmte, nur um kurz danach bei der Fußball-EM die Regenbogenfahne zu schwenken.
Grün ist (nur) die Hoffnung
Die Grünen versprechen viel und viele Wähler*innen erhoffen sich von ihnen die ökologische Wende. Mit Investitionen von 50 Milliarden Euro jährlich soll die „sozial-ökologische“ Transformation samt sicherer Arbeitsplätze angestoßen werden.
Doch die Grünen beantworten nicht die Frage, wie das durchgesetzt werden kann, weder gegen einen potenziellen Koalitionspartner Union, noch gegen das Kapital. Sie reden von „grünen Finanzmärkten“, wollen auf steuernde Eingriffe verzichten und die ökologische Wende allein über Bepreisung schaffen. Sie behaupten, Umweltschutz und Markt miteinander kombinieren zu können, Habeck spricht von einem „anderen Kapitalismus“. Der Markt ist jedoch strukturell unfähig, die Klimakrise zu lösen. Dies ist nur durch bewusste, demokratische Eingriffe wie die Enteignung der Energiekonzerne, also gegen die Interessen der Besitzenden, möglich. Und mit denen wollen es sich die Grünen nicht verscherzen.
Wenn man die Besitzenden nicht belastet, präsentiert man am Ende die Rechnung den lohnabhängigen Menschen. Genau dahin geht die grüne Reise mit Preiserhöhungen für Energie. In der Praxis bleibt nicht viel vom Ausbau des öffentlichen Verkehrs übrig. In Berlin erhöhte eine grüne Verkehrssenatorin die Preise für die Einzeltickets bei der BVG, die S-Bahn soll aufgesplittet und eine Privatisierung ermöglicht werden. In Hessen wird ein Autobahnbau mit grüner Regierungsbeteiligung gewaltsam gegen die Verteidiger*innen des Dannenröder Forstes durchgesetzt, in Baden-Württemberg wird „Stuttgart 21“ durchgezogen.
Es soll mehr sozialen Wohnungsbau geben. Aber die Grünen nennen keine Zahlen, keine Finanzierung. Das von den Grünen in der Regierung Schröder-Fischer 1998-2002 eingeführte Armutsgesetz Hartz IV soll „überwunden“ und durch eine „Garantiesicherung“ ersetzt werden, die schrittweise angehoben werden soll.
Die Grünen wollen sich gemeinsam mit den USA für „weltweiten Menschenrechtsschutz, globale Rüstungskontrolle und Abrüstung, eine regelbasierte Weltordnung und die Stärkung einer verantwortungsbewussten Handelspolitik einsetzen“. Dafür ist der US-Imperialismus in der Vergangenheit ja bekannt geworden. Die Menschenrechte im Irak und Afghanistan wurden erfolgreich herbeigebombt. In der Außenpolitik sind die Grünen immerhin ehrlich. Sie wollen einen aggressiven Kurs gegen Russland und mehr Bundeswehr. Das demonstrierte Habeck mit Stahlhelm an der ostukrainischen Front.
Ihre sozialen Versprechungen, wie Mindestlohn und Grundsicherung, haben die Grünen bisher immer bereitwillig aufgegeben, wie bei den Jamaika-Verhandlungen 2017. Es wird begrenzte ökologische Maßnahmen mit den Grünen geben. Aber sie werden dafür die Arbeiter*innenklasse bezahlen lassen, zum Beispiel durch höhere Energiepreise.
LINKE für Umverteilung
Die LINKE vertritt als einzige Partei ein konkretes Programm für Umverteilung. Sie fordert eine Mindestrente und Mindestsicherung von 1200 Euro, die abschlagsfreie Rente ab 65 und einen bundesweiten Mietendeckel. Ein Gesetz soll die Vergesellschaftung von Grund und Boden erleichtern.
Die Kliniken sollen rekommunalisiert werden, die Beschäftigten dort 500 Euro monatlich mehr bekommen. Der Jahresurlaub soll auf 36 Tage verlängert, die Arbeitszeit auf 30 Stunden verkürzt werden. Die Vermögenssteuer soll wieder eingeführt, die Einkommenssteuer erhöht werden. Große Vermögen sollen mit einer Corona-Abgabe zur Finanzierung der Pandemie-Kosten herangezogen werden.
Die LINKE kämpft gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr und gegen Rüstungsexporte. Das Klimaprogramm der LINKEN ist weitreichender als das der Grünen, zudem sozial.
All diese Forderungen sind unterstützenswert und wichtig, wenn auch teilweise – wie bei weichgespülter Vermögenssteuer- und abgabe – recht begrenzt. Der Knackpunkt ist jedoch, wie wir dahin kommen, diese Forderungen durchzusetzen. Die Parteivorsitzende Janine Wissler sagt: „Die Linke wird sich an keiner Regierung beteiligen, die Sozialabbau betreibt, die Privatisierung vorantreibt, die Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland unterstützt.“ Tatsache ist jedoch, dass alle etablierten Parteien dies seit Jahren tun und ihre Absicht erklärt haben, damit weiterzumachen.
Gerade nach den Bundestagswahlen ist zu erwarten, dass eine künftige Bundesregierung die Arbeiter*innenklasse für die milliardenschweren Rettungspakete der Wirtschaft zur Kasse bitten wird. Mit der Zustimmung von CDU/CSU, SPD, FDP, Grünen und AfD wird weiter abgeschoben, Soldat*innen ins Ausland geschickt, die Bundeswehr aufgerüstet, Frontex beibehalten und weitere Freifahrtsscheine für Unternehmer*innen zu Ausbeutung im Niedriglohnsektor ausgestellt werden.
Opposition von links nötig
Ohne massiven Widerstand von unten wird sich daran nichts ändern. Wie eine Änderung im Bewusstsein und in der praktischen Politik außerparlamentarisch erkämpft werden kann, zeigt die Initiative „Deutsche Wohnen und Co enteignen“ in Berlin. In der zweiten Stufe der Kampagne sammelten Tausende Aktive knapp 350.000 Unterschriften für die Vergesellschaftung der Immobilienkonzerne. Die von unten organisierten Initiativen haben in der Mietenfrage heute schon mehr bewegt als alle Berliner Parteien im Parlament zusammen, wobei DIE LINKE Berlin aktiver Bestandteil der Kampagne ist.
Die LINKE sollte sich im Klaren sein, dass ihr Programm nur aus der Opposition heraus erkämpft werden kann, eingebettet in eine Strategie zur Überwindung des Kapitalismus. Sie sollte verstehen, dass es ihre zentrale Aufgabe ist, dafür geduldig zu argumentieren und zu kämpfen.
Große Teile der Parteiführung, allen voran der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch und die Vorsitzende Susanne Henning-Wellsow, trimmen die Partei auf „Regierungsfähigkeit“, auf ein Bündnis mit SPD und Grünen. Letztere ließ sich jüngst von den schönen Phrasen des SPD-Wahlprogramms blenden: „Wenn es nach der Bundestagswahl eine Mehrheit für ein rot-rot-grünes Bündnis gebe, sollte ernsthaft verhandelt werden“.
Das Programm der LINKEN ist jedoch nicht kompatibel mit der Praxis dieser Parteien, die sich bisher immer für die Interessen der Kapitalbesitzer*innen und der Wohlhabenden eingesetzt haben. Würde die LINKE in eine SPD-Grüne-Regierung eintreten – die wegen des Dauerschwächelns der SPD ohnehin nicht wahrscheinlich ist – würde sie die Kernpunkte ihres Programms aufgeben, das Gegenteil umsetzen und sich selbst überflüssig machen. Die Zustimmung zur NATO und zu Auslandseinsätzen wäre die erste Kröte, die DIE LINKE schlucken müsste.
Diese Krise der Partei wird verschärft durch die Querschüsse eines ihrer prominentesten Mitglieder, der Spitzenkandidatin in NRW, Sahra Wagenknecht. Wagenknecht bezieht medienwirksam Stellung gegen die antirassistische, die Klima- und die feministische Bewegung, macht den Kampf gegen Unterdrückung auf Grund sexueller Orientierung, Geschlecht, Herkunft und Hautfarbe lächerlich, bezeichnet sich selbst als „linkskonservativ“ und vertritt die spalterische These, dass der Kampf gegen Armut und die Rechte der Arbeiter*innen in Konkurrenz zum Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen und Rassismus stünde.
Welche Linke brauchen wir?
Wir brauchen eine starke linke Partei, eine Klassenpartei der lohnabhängigen Menschen. Eine LINKE, die sich klar von allen Establishment-Parteien abgrenzt. Eine Partei, die eine grundlegende Alternative zu diesem System vertritt, für eine sozialistische Demokratie, gegen die Herrschaft der Banken und Konzerne. Eine Partei, die in diesem Wahlkampf die Forderung nach Enteignung der Immobilienkonzerne und der Pharmaindustrie und die Rekommunalisierung aller Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen in den Mittelpunkt stellt als ersten Schritt zur Vergesellschaftung der Schlüsselbereiche der Wirtschaft. Eine Partei, die unteilbar gegen Ausbeutung, Diskriminierung und Unterdrückung kämpft. Eine Partei, die versteht, dass der Klimawandel nicht zweitrangig sondern ein akutes Problem ist und auf dem Boden des Kapitalismus nicht gestoppt werden kann.
Eine Partei, die weiß, dass Rassismus und Sexismus mit diesem System verknüpft sind und die Herrschenden versuchen, uns mit „teile und herrsche“ kleinzuhalten. Eine Partei, die erkennt, dass Mitregieren mit prokapitalistischen Parteien wie SPD und Grünen nicht das Land verändert, sondern nur DIE LINKE selbst und dass es ihre zentrale Aufgabe wäre, Bewegungen und Selbstorganisation zu ermutigen, zu befördern, mit Argumenten zu bewaffnen, Kämpfe und Widerstand vorwärts zu bringen und zu initiieren.
Eine Partei, deren Abgeordnete rechenschaftspflichtig sind und nicht mehr verdienen als einen durchschnittlichen Facharbeiter*innenlohn. Dazu hat sich Lucy Redler, Mitglied der LINKEN und der SAV, als Direktkandidatin im Wahlkreis I in Berlin-Neukölln bei den zeitgleich zu den Bundestagswahlen stattfindenen Abgeordnetenhauswahlen verpflichtet.
Wählen allein reicht nicht
In der LINKEN sind viele Menschen aktiv, die sich für eine bewegungsorientierte und antikapitalistische Partei einsetzen. Doch in den Apparaten und Strukturen der Partei wirken starke Kräfte in Richtung Einbindung in System und Establishment.
Wir rufen dazu auf, die LINKE zu wählen, selbst in Nordrhein-Westfalen, wo Wagenknecht Spitzenkandidatin ist, wohl wissend, dass sie nach der Wahl versuchen könnte, die Partei zu spalten.
Aber es reicht nicht aus, die LINKE zu wählen, wenn frau*man linke Politik durchsetzen will. Wichtig ist, selbst aktiv zu werden und die Bewegungen zu stärken, die etwas erreichen können, unabhängig davon, welche der etablierten Parteien die nächste Bundesregierung bilden.
Bewegungen wie die Berliner Mieter*innenbewegung, welche die Enteignung der Immobilienkonzerne erreichen. Bewegungen wie die der Krankenhaus-Beschäftigten, die sich für bessere Arbeitsbedingungen und ein menschliches Gesundheitswesen einsetzen. Bewegungen wie die Klimabewegung, die mit der Arbeiter*innenbewegung verknüpft werden muss, um die ökologische und soziale Wende gegen die Kapitalist*innen durchzusetzen. Bewegungen wie die ausdauernde und mutige antifaschistische Bewegung.
Weiterhin ist eine Organisierung in der Partei Die LINKE selbst nötig, die Zusammenarbeit mit der Antikapitalistischen Linken (AKL) und anderen konsequenten Sozialist*innen in der Partei – gegen den Spaltungskurs von Sahra Wagenknecht, gegen die Anbiederung von Dietmar Bartsch an etablierte Parteien, den Staat und das Kapital.
Dieses System ist nicht zu reformieren, der Kapitalismus muss abgeschafft werden. Wir kämpfen für eine sozialistische Demokratie in der Gesellschaft und den Betrieben, von unten nach oben aufgebaut, für eine demokratisch geplante Wirtschaft, um Profit und Konkurrenz auszuschalten, die Ursachen von Kriegsgefahr, Klimawandel, Ausbeutung und Unterdrückung.
Macht mit bei der Sozialistischen Alternative, kämpft mit uns gemeinsam für eine konsequente, antikapitalistische Arbeiter*innenbewegung.
Die SAV ruft daher auf:
Am 26. September LINKE wählen.
Jederzeit: Den Klassenkampf wählen!
Aktiv werden mit der Antikapitalistischen Linken und der Sozialistischen Alternative
„Der Kapitalismus schafft entweder uns ab oder wir schaffen ihn ab. Viele Menschen können sich eher das Ende des Planeten vorstellen als das Ende des Kapitalismus. Wer, wenn nicht wir, sollten da der Phantasie auf die Sprünge helfen? In der Corona-Krise wurde doch sichtbar, wer gesellschaftsrelevant ist, wer den Laden am Laufen hält. Sozialismus bedeutet nichts anderes, als dass genau diese Menschen demokratisch darüber entscheiden, wie der gesellschaftliche Reichtum verwendet wird, den sie schaffen. Sozialismus bedeutet eine Gebrauchswerte produzierende, demokratisch geplante Wirtschaft, die an den gesellschaftlichen Bedürfnissen und ökologischen Notwendigkeiten ausgerichtet ist.
Angela Bankert, Mitglied der SAV und alternative Kandidatin auf Platz 1 für die LINKE-Landesliste NRW. Sie erzielte mit 28 % einen Achtungserfolg, aber unterlag Sahra Wagenknecht bei der Wahlversammlung.
Die vollständige Kandidaturrede ist hier dokumentiert.