Im Dezember wurde von der Belegschaft einer Starbucks-Filiale die Gewerkschaft Starbucks Workers United gegründet. Weniger als einen Monat später streikten die Kolleg*innen in Buffalo für bessere Corona-Schutzmaßnahmen. Inspiriert von ihrer Kampfbereitschaft versuchen sich Kolleg*innen anderer Filialen im ganzen Land zu organisieren. Doch die gewerkschaftliche Organisierung ist sehr schwer – es ist nur ein Anfang.
Von Ben Wallach, Hamburg
Das Management von Starbucks versucht, die Arbeiter*inneneinzuschüchtern und verpflichtet sie, an Treffen teilzunehmen, bei denen sie sich Reden gegen die Gewerkschaft anhören müssen. Der vorherige Vorstandsvorsitzende des Konzerns verglich in einer Rede die Situation bei Starbucks mit dem Holocaust. Er sagte im Kontext eines Satzes über KZ-Häftlinge in Polen: „Nicht alle, aber die meisten Menschen, haben ihre Decke mit fünf Menschen geteilt.“ Diese Geschichte habe ihn so inspiriert, dass er bei Starbucks versuche „die Decke zu teilen“. Er behauptet, Bosse und Arbeiter*innen wären “im selben Lager”. Dies ist ein lächerlicher Versuch, die Organisierung zu stoppen durch „Solidarität“ mit dem Konzern, der niedrige Löhne bezahlt und regelmäßig die Beschäftigten schikaniert. Der Geschäftsführer von Starbucks hat im Jahr 2021 20,4 Millionen Dollar verdient, während die Baristas sich kaum eine Wohnung leisten können.
In Memphis, Tennessee, wurden sieben Mitglieder des gewerkschaftlichen Organisationskomitees einer Filiale gefeuert. Diese Kündigungen sind ein Testballon. Die Kolleg*innen haben landesweit Proteste organisiert. Kshama Sawant, Mitglied von Socialist Alternative und Stadträtin in Seattle, sprach bei einer Kundgebung vor dem Hauptsitz des Konzerns. In der Vergangenheit sind die Gewerkschaften lediglich rechtlich gegen illegale Kündigungen von gewerkschaftlich Aktiven vorgegangen. Es müssen weitere landesweite Solidaritätsaktionen stattfinden, um Starbucks zu zeigen, dass dieser Angriff nicht durchkommen wird, mit der Forderung, die gefeuerten Kolleg*innen sofort wieder einzustellen.
Profite wichtiger als Leben
Arbeitssicherheit während der Pandemie ist ein Thema, das viele Menschen mobilisiert. An vielen Arbeitsplätzen sind die Maßnahmen nicht ausreichend. Bei Starbucks werden keine Masken verteilt und Kolleg*innen wird gesagt, dass sie auch krank arbeiten sollen. Es gibt großen Personalmangel, weil viele krank sind. Doch es wird erwartet, dass die gleiche Arbeit mit viel weniger Personal gemacht wird. Das bedeutet Stress und Überstunden. Nach dem Streik in Buffalo wurde das Zugeständnis gemacht, dass wegen der hohen Anzahl von Omikron-Fällen nur Bestellungen abgeholt werden können. Damit wurden Kontakte und Arbeitsbelastung reduziert.
Auch Lehrer*innen haben am Anfang des Schuljahres gestreikt, weil die Testzentren nicht vorbereitet waren und sie ihre Gesundheit nicht aufs Spiel setzen wollten, nur weil die Regierung und die privaten Bildungsanbieter bei Corona-Maßnahmen Geld gespart haben.
Nicht nur Starbucks
In den letzten Jahren haben in den USA viele Arbeitskämpfe stattgefunden. 2021 gab es im September und Oktober Streikwellen bei John Deere, Nabisco, Kellogs und an den Schulen. Der Streik der Pflegekräfte in Worcester, Massachusetts, wurde am 3. Januar nach 301 Tagen beendet. Der Kampf bei Starbucks ist Teil dieser Welle und die Bosse wissen und fürchten das.
Die Organisierung bei Starbucks ist historisch. Die bundesweite Durchsetzung von besseren Arbeitsbedingungen durch Kampf würde Arbeiter*innen in anderen Firmen und Bereichen ermutigen.Die Unterstützung für Gewerkschaften in den USA ist die höchste seit 1967, aber der Organisierungsgrad ist niedrig. Im Jahr 2020 waren nur 6,1% der Arbeiter*innen im privaten Sektor Mitglied einer Gewerkschaft. Laut einer Umfrage von 2021 unterstützen 68% die Gewerkschaften. Das zeigt ein großes Potenzial. Erfolge bei Starbucks werden einen Einfluss auf das Bewusstsein haben und anderen, die gegen Union Busting kämpfen, wie z.B. bei Amazon, den Weg weisen.