Aktuell läuft die Tarifrunde im öffentlichen Sozial- und Erziehungsdienst, dazu gehören die kommunalen Kitas, die Kinder- und Jugendhilfe, die Behindertenhilfe und weitere Einrichtungen. Am 8. März kommt es erstmals zu Warnstreiks am Frauenkampftag.
In den letzten Jahren wurde im Sozial- und Erziehungsdienst die Gesundheit der Kolleg*innen gefährdet, um Notfallbetreuung, regelmäßiges Testen, Hygienedisziplin und das Auffangen von Ängsten und Sorgen der Kinder und Eltern möglich zu machen, das alles auch bei personellen Ausfällen durch Erkrankungen. Man kann sich nicht per Homeoffice vor Corona schützen, wenn der Beruf darin besteht, für das Wohlbefinden und die Betreuung anderer verantwortlich zu sein. Soziale Arbeit hält die Gesellschaft zusammen und den Laden am Laufen. Bedarf und Anforderungen an diese Berufsgruppe sind weiter gestiegen.
Die Beschäftigten in diesem Bereich sind weit überwiegend Frauen. Auch deshalb werden die Kolleg*innen trotz hoher Arbeitsbelastung schlecht bezahlt. Zum ersten Mal in Deutschland wird daher die feministische Bewegung einen bundesweiten Arbeitskampf direkt unterstützen. Bei den Demos am 8. März werden sich die Organisator*innen und Teilnehmer*innen mit den Streikenden solidarisieren, und in vielen Orten wird der Frauenkampftag zum Warnstreiktag. Die sozialistisch-feministische Initiative ROSA ist aktiv mit dabei. In Hamburg hat ROSA im Rahmen des Sternmarsches des 8M-Bündnisses eine Demo unter dem Motto „Kita und Care – wir wollen mehr“ initiiert. In Kassel hat sich das „Solibündnis Streik im Sozial- und Erziehungsdienst“ gebildet, an dem SAV und ROSA teilnehmen. Das Bündnis begleitet die am 25. Februar beginnenden Verhandlungen und die bevorstehenden Warnstreiks mit Aktionen. Darüber hinaus hat das Bündnis eigene Forderungen aufgestellt.
Dokumentiert: Die Forderungen des „Solibündnisses Streik im Sozial- und Erziehungsdienst“ Kassel
„Wir fordern von der jetzigen Tarifrunde, dass die von ver.di aufgestellten Forderungen erfüllt werden! Doch das reicht uns nicht, weiter fordern wir:
Wir fordern von der Stadt Kassel und dem Land Hessen für alle Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst einen einheitlichen Tarifvertrag – egal ob in öffentlichen oder privaten Einrichtungen!
Wir fordern von der Stadt Kassel und dem Land Hessen die bestmöglichste Versorgung von uns, unserer Kinder und Angehörigen. Dazu zählt vor allem mehr Zeit, Geld und eine bedarfsgerechte Personalbemessung anstatt unzureichender Regelungen wie dem Kinderförderungsgesetz.
Wir fordern von der Gewerkschaft ver.di und der GEW Transparenz und konsequent demokratische Strukturen! Insbesondere während des Streiks wollen wir als Beschäftigte Möglichkeiten zur aktiven Mitbestimmung von unten.
Wir fordern radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich, um endlich genug Zeit zu haben, uns gut umeinander zu kümmern!
Wir brauchen ein Ende der Abwälzung von Care- und Sorgearbeit auf FLINTA*! Empathie und Verantwortungsgefühl sind nicht abhängig vom Geschlecht!
Wir brauchen ein Ende von transnationalen Sorgeketten! Die Neuorganisierung von Care- und Sorgearbeit meint nicht die Auslagerung auf weitere marginalisierte Personengruppen. Feminismus heißt auch Antirassismus!
Wir brauchen eine Vergesellschaftung der gesamten Care- und Sorgearbeit! Diese Arbeiten gehören nicht abgeschoben ins Private oder in die Hände privater Konzerne, sondern gesellschaftlich und basisdemokratisch organisiert.
Wir brauchen ein Ende von Sexismus in Ausbildung und Job! Egal ob miese Sprüche, schlechtere Bezahlung oder nicht ernst genommen werden – wir wehren uns! Sexistische Rollenbilder gehören abgeschafft.
Wir kämpfen für ein Ende der binären Geschlechterordnung! Für eine Gesellschaft in der unser Platz nicht durch unser Geschlecht und unser Begehren bestimmt wird.
Wir kämpfen für eine radikale Umwälzung des gesellschaftlichen Systems! Das bedeutet Bedürfnislogik statt Leistungslogik. Für eine Gesellschaft, in der gegenseitige Fürsorge und nicht Profite im Zentrum stehen.
Gegen Kapitalismus und Patriarchat!“