Erste internationale ROSA Konferenz
Vom 17. bis zum 19. März fand erstmals der internationale sozialistisch-feministische Kongress von ROSA im wunderschönen Wien statt. Unter dem Motto „Woman Life Freedom“ versammelten sich Menschen aus 20 Ländern, Menschen aus weiteren elf Ländern nahmen über Zoom teil.
von Elisa Mellin, Bremen
Manche Teilnehmende reisten extra aus Brasilien und Argentinien an, andere kamen aus Rumänien, Ungarn, den USA, Südafrika oder sogar Indien, um ein Wochenende lang politische Diskussionen zu führen, sich in Kommissionen zu bilden und untereinander Kontakte zu knüpfen. Der rege internationale Zulauf kommt nicht von ungefähr – mit den sich immer weiter zuspitzenden, kapitalistischen Krisen weltweit verschärft sich auch die Unterdrückung von Frauen und Queers: Femizide nehmen zu, bereits erkämpfte Rechte werden angegriffen (wie in den USA bei dem Kippen von Roe v. Wade), trans Personen fürchten um ihr Leben, werden unter massivster Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt in die Prostitution gedrängt und sind gemeinsam mit Frauen in jedem Land dieser Welt am stärksten und ehesten von Armut und prekären Löhnen betroffen. Das zurzeit am intensivsten beleuchtete Symbol der Kämpfe gegen geschlechterbasierte Unterdrückung und ein mörderisches Regime ist die Revolution im Iran, unter deren Banner der Kongress stattfand und die von mutigen Frauen und Mädchen angeführt wird, über die sich auf dem gesamten Globus Wellen von Solidarität ergossen haben.
„Für mich war die Konferenz sehr inspirierend und motivierend, in manchen Berichten über die Situation von Frauen und die LQBTQI+-Community aber auch furchtbar traurig. Als ROSA sind wir in allen Ländern vereint und können unsere Stärken und Erfahrungen austauschen. Zusammengenommen geht es ja immer darum, wie wir ein System herausfordern und überwinden können, das auf Ausbeutung, Macht und Gewalt aufgebaut ist.“
Anke, Berlin
Angeboten wurden 12 Kommissionen begleitet von vorausgehenden Plena zu verschiedenen Themen, unter anderem dem beeindruckenden feministischen Kampf in Lateinamerika unter dem Motto „Ni una menos“ (Nicht eine weniger), der Revolution im Iran, der Geschichte des feministischen Sozialismus und seinen Pionierinnen, wie man erfolgreich einen feministischen Streik organisiert, der Kampf für Abtreibungsrechte und es gab auch Kommissionen zu Rassismus und Kolonialismus sowie zu LGBTQI+-Kämpfen. Neben sehr erfahrenen und talentierten Redner*innen wie Phemelo Motseoke aus Süfafrika, Maria Clara aus Brasilien oder Angeline van den Rijsse aus Belgien wagten sich auch Menschen nach vorne, die noch nie zuvor einen Vortrag vor so vielen Menschen gehalten hatten, um uns an ihren Erfahrungen und Berichten teilhaben zu lassen.
„Das Wochenende insgesamt war mega spannend und auch sehr schön. Die Genossinnen aus Lateinamerika haben mich besonders beeindruckt – bei jedem Workshop aktiv dabei und sehr kämpferisch. Und die Performances auf der Party waren natürlich mega!“
Konstanze, Hamburg
Neben dem politischen Teil war auch immer Platz für ein soziales Zusammenkommen am Abend, was die Möglichkeit für die Entstehung neuer Freundschaften, das Wiedersehen alter Freund*innen und Genoss*innen, die Weiterführung politischer Debatten und einen regen internationalen Austausch gegeben hat.
„Endlich ein Kongress, der sich hauptsächlich mit feministischen Themen befasst! Als Frau im Patriarchat kann es sich manchmal so anfühlen, als wäre man alleine gelassen im Kampf gegen Sexismus und Unterdrückung, aber wenn ich eins an diesem Wochenende gespürt habe, dann war das Solidarität – und zwar geschlechterübergreifend.“
Celina, Niederlande
Insgesamt war die Stimmung auf dem Kongress von einem tiefen Gefühl der Solidarität geprägt. Viele Menschen berichteten davon, sich selten so sicher und akzeptiert gefühlt zu haben, was uns darin bestärkt, weiterhin Räume zu schaffen, in denen sich Menschen ohne Diskriminierung und Angst aufhalten können – und das, während alle Geschlechter miteinbezogen werden.
Eines der Alleinstellungsmerkmale von ROSA ist die konsequente Verbindung von feministischen und sozialistischen Strategien, die eine greifbare Perspektive aufzeigen und erklären, wie wir nicht nur Geschlechterunterdrückung beenden, sondern die Welt verändern können.
„Für mich war die ROSA Konferenz schon deswegen etwas besonderes, weil ich als Neuling in der SAV zum ersten Mal über den Tellerrand meiner eigenen Ortsgruppe hinaus gucken und viele coole Genoss*innen aus Deutschland und aller Welt kennen lernen konnte. Der Workshop über die iranische Revolution war ein besonderes Highlight, bei dem ich viel gelernt habe.“
Emilia, Aachen
Die Atmosphäre war trotz der teils belastenden Themenkomplexe motivierend und inspirierend, weil es von überall auf der Welt zahlreiche Beispiele für erfolgreiche und furchtlose Kämpfe gibt, von denen wir lernen und an denen wir uns ein Beispiel nehmen können.
„Es war toll mit Feminist*innen aus der ganzen Welt in Kontakt zu kommen und zu sehen, dass es überall Widerstand gegen Sexismus, Ungleichheit und Gewalt gibt.“
Verena, Köln
Besonders der internationale Charakter der Kampagne ist ein gutes Beispiel dafür, wie Sexismus und Unterdrückung keine isoliert auftretenden Phänomene, sondern lediglich unvermeidbare Symptome eines durch Unterdrückung und Spaltung lebenden Systems sind, in dem nichts zufällig passiert. Durch die Vernetzung von Frauen und LGBTQI+ weltweit entsteht eine Kraft, die wir für unsere Kämpfe und Herausforderungen vor Ort nutzen können, aus der wir lernen und Mut schöpfen können.
„Diese Konferenz war unglaublich und es war toll, Redner*innen aus der ganzen Welt zu hören. Die herrschende Klasse ist überall gleich. Sie will sich nicht mit unseren Problemen befassen, weil es für sie keinen Anreiz gibt, die Frauenunterdrückung zu beenden. Das System lebt von der Unterdrückung der Frau. Wenn 51 % der Bevölkerung unterbezahlt sein können, ist das für den Kapitalismus großartig. Das zeigt uns uns, dass die nächste Phase der feministischen Wellen international sein muss.“
Phemelo Motseokae, Südafrika