Wird Höcke im September in einer Landesregierung sitzen? Das können die Kommunalwahlergebnisse vom 26. Mai nicht beantworten. Fest steht aber: Thüringen rückt politisch nach rechts. Die Regierungsparteien, allen voran Die Linke, haben komplett versagt.
von Conny Dahmen, Köln
Bürgerliche Kommentator*innen waren sich einig: Es hätte schlimmer kommen können. Trotzdem: Bei den Kreis- und Stadtratswahlen hat die AfD ihre Stimmenanteile um 8,3 % gegenüber 2019 steigern können und liegt nun mit 26 % nur knapp hinter der CDU (27,4 %). In acht von 17 Kreistagen ist sie stärkste Kraft, neun AfD-Kandidat*innen kommen in die Stichwahl für OB- oder Landratsposten.
Die Linke stellt zwar den Regierungschef auf Landesebene, hat aber landesweit nur 8,9 % (2019 waren es noch 14%) und ist nirgends stärkste Partei. Auch in den Umfragen zur Landtagswahl sackt Die Linke immer weiter ab: Laut INSA-Umfrage Anfang Mai würden 30 % die Afd, 20 % die CDU und je 16 % Die Linke bzw. das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wählen. Bei der Landtagswahl 2019 war Die Linke mit 31 % noch klar stärkste Partei gewesen. Die Fortsetzung der Regierungsbeteiligung nach der Landtagswahl ist damit so gut wie ausgeschlossen, eine stabile Koalition mit absoluter Mehrheit so gut wie unmöglich.
Die Linke: Anpassung statt Alternative
Der Aufschwung der AfD und der Absturz der Linken hängen offensichtlich zusammen. Besonders in ärmeren Stadtvierteln gehen die meisten Menschen gar nicht mehr zur Wahl, weil sie keine Partei als Interessenvertretung arbeitender Menschen und Jugendlicher sehen – auch Die Linke nicht mehr. In ihrer gesamten Regierungszeit hat sie sich dem Druck der bürgerlichen Kräfte in und außerhalb der Koalition gebeugt und Kürzungen und Steuersenkungen umgesetzt. Während z.B. die Grunderwerbsteuer weiterhin niedrig bleibt, hat Ministerpräsident Ramelow auch für dieses Jahr einen Sparhaushalt verabschiedet, Gelder für Geflüchtete gestrichen und die Bezahlkarte anstelle von Bargeld für Asylsuchende eingeführt.
Da ist es nur konsequent, wenn Ramelow im März in einem Interview sogar laut von einer möglichen Regierungskoalition mit der CDU träumt – also die rassistische AfD mit einer Partei verhindern will, die vor kurzem die brutale Abschiebepolitik der britischen Regierung Sunak in ihrem Grundsatzprogramm verankert hat, die ukrainische Kriegsgeflüchtete wieder zurück schicken will, damit sie für „deutsche Interessen“ kämpfen, die Bürgergeld und Sozialstaat zugunsten der Militarisierung opfern will.
Doch auch die derzeitigen Koalitionspartner SPD und Grüne feiern Aufrüstung und Abschottung. Statt bei der bodenlosen Heuchelei der vermeintlichen „Verteidiger unserer Demokratie“ mitzumischen, müsste Die Linke deutlich machen, dass die wahre Bedrohung für „unseren Wohlstand“ im eigenen Land steht – die Superreichen und ihre Repräsentant*innen in den bürgerlichen Parteien, die Konzernchefs und die Kriegstreiber, die für ihre Profitinteressen unsere Zukunft zerstören.
Linke Alternative gegen die AfD
Sie darf auf keinen Fall deren Rhetorik übernehmen und die AfD vor allem als „Putin-Partei“ kritisieren, sondern muss erklären, warum diese tatsächlich keine Alternative zum Establishment und für arbeitende Menschen ist, sondern noch konsequenter als die etablierten Parteien Kapitalinteressen vertritt. Mit der AfD würden Unternehmens- und Reichensteuern weitgehend abgeschafft, (Mindest-)löhne gesenkt, Widerstandskraft und Zusammenhalt der abhängig Beschäftigten durch rassistische und sexistische Spaltung weiter geschwächt und der Klimawandel weiter befeuert.
Die AfD wird weder öffentliche Wohnungen bauen, noch gute Jobs bei guten Arbeitsbedingungen schaffen oder gar das Bildungssystem wieder aufbauen. Wenn wir das erreichen wollen, müssen wir selbst aktiv werden. Will Die Linke wirklich links sein, sollte sie dafür einen Ort bieten und die notwendigen Kämpfe und Bewegungen organisieren und ihre Parlamentssitze dafür nutzen. Kapitalistische Konkurrenz läuft auf Krieg hinaus, private Produktion auf Massenelend, Flucht und Klimakollaps. Daher muss eine wirklich linke Kraft immer auch für den Aufbau eines demokratischen Sozialismus eintreten.