Rechtspopulistische und rechtsextreme Kräfte leugnen, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Sie führen einen „Kulturkampf“. Gleichzeitig vertreten rechte Kräfte die Interessen von Kapitalfraktionen, die ein besonderes Profitinteresse haben, Klimaschutzmaßnahmen zu verzögern oder ganz abzuschaffen.
Von Christian Kubitza, Köln
Die AfD schreibt in ihrem Programm: „Das Klima wandelt sich, solange die Erde existiert. Die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung beruht auf bisher unbewiesenen hypothetischen Klimamodellen.“ In ihrem Europawahlprogramm heißt es: „Trotz des durch Medien und Politik verbreiteten Alarmismus zeigen sich in der Realität weder vermehrte Extremwetterereignisse noch ein beschleunigt ansteigender Meeresspiegel.“ Das Ahr-Tal lässt grüßen.
Während der ersten Amtszeit von Trump wurden über 125 umweltpolitische Gesetze und Maßnahmen abgeschafft. Im Mai 2024 lud Trump zwanzig Bosse der Ölindustrie zu einem Dinner auf sein Anwesen in Mar-a-Lago ein und versprach, Umweltvorschriften abzuschaffen und Ölbohrungen auszuweiten, wenn sie seinen Wahlkampf mit einer Milliarde Dollar unterstützen.
Die Perspektive, die Trump & Co. offen und die etablierten Parteien faktisch vertreten, ist für viele Menschen eine dystopische. Das kapitalistische Prinzip „nach mir die Sintflut“ wird in Teilen der Welt wörtlich erfahrbar.
Wissenschaft und Kapitalismus
Die Pläne von AfD, Trump und anderen Rechten sind wissenschaftlich auf dem Niveau der Behauptung, die Erde wäre eine Scheibe. Seit 2007 hat kein wissenschaftliches Gremium die Existenz des menschengemachten Klimawandels bezweifelt. Doch es reicht nicht, die Rechten für dumm und faktenresistent zu erklären.
In der Realität agieren alle prokapitalistischen Parteien – obwohl sie beteuern, im Unterschied zu Trump und der AfD den Klimawandel wissenschaftlich zu akzeptieren – nicht wesentlich anders als die Rechten es vorschlagen. Nicht nur die AfD will die Autoindustrie schützen. Besonders die FDP mit Verkehrsminister Volker Wissing tut sich dabei hervor, vertritt teilweise extremere Position als die AfD – gegen Tempolimit, für „Eigenverantwortung“. Seit neuestem fordert die FDP kostenloses Parken in den Innenstädten und die Abschaffung von Fußgängerzonen und Fahrradwegen.
Weltweit wird zwar mehr in erneuerbare Energien investiert, aber noch mehr in fossile Energieträger. Der Anteil der erneuerbaren Energien wuchs 2022 um knapp 1% auf 7,5%. Es wurden 2022 global 3,8 Millionen Barrel pro Tag mehr Öl gefördert und 2,9 Millionen Barrel pro Tag mehr Öl verbraucht, vor allem für Flugzeug-Kerosin. Die Kohleförderung erhöhte sich 2022 um 7% gegenüber 2021 (Energy Institute 2023: Statistical Review of World Energy, 26 June 2023).
Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind im Kapitalismus nicht so stark wie die blinden Kräfte des Konkurrenz- und Wachstumszwangs. Um die extrem rechten Klimaleugner politisch zurückzudrängen, reicht daher nicht der Verweis auf die Wissenschaft, nötig ist der politische Kampf für Alternativen sowohl zur verlogenen „Klimapolitik“ der liberalen Establishment-Parteien als auch der rechten Klimaleugner.
Grüne Vorlage
Die Rechtspopulist*innen nutzen die unsoziale und gleichzeitig in Bezug auf den Klimaschutz unwirksame „Klimapolitik“ der etablierten Parteien für ihre Propaganda. Die Grünen bieten ihnen Steilvorlagen, z.B. mit der Umstellung von Gas- und Ölheizungen auf Wärmepumpen. Für viele arbeitende und arme Menschen wirkt es, als würden die Kosten der „Klimapolitik“ auf sie abgewälzt. Die Energiekosten sind enorm, das versprochene Klimageld, das Belastungen ausgleichen sollte, ist einkassiert worden. Verbesserungen, z.B. ein Ausbau des öffentlichen Verkehrs, sind nicht in Sicht.
Es sollten endlich diejenigen zur Kasse gebeten werden, die den mit Abstand höchsten Anteil am Klimawandel haben. Eine Durchschnittsperson in Deutschland verbraucht rund 11 Tonnen CO2 pro Jahr. Ein Millionär kommt auf 100 Tonnen und Superreiche stoßen 2000 Tonnen CO2 und mehr aus.
Die Produktion gehört in gesellschaftliche Hand und darf nicht dem kapitalistischen Wachstumszwang unterworfen sein. Öffentliche Güter wie Strom und Wasser, Wohnungen, Gesundheitsversorgung und Bildung dürfen nicht von den Reichen oder deren Konzernen, sondern müssen von uns allen selbst demokratisch verwaltet werden. Ebenso Energie-, Auto- und Lebensmittelkonzerne.
Bild: Johnny Silvercloud – Exxon Knew, CC BY-SA 2.0urid=87465602