Was bedeutet eigentlich Militarismus? Was ist die Zivilklausel? Und warum diskutiert die Gesellschaft wieder über eine Einführung der Wehrpflicht? Diese Fragen stelle ich mir in letzter Zeit regelmäßig und meine Mitschüler*innen ebenso.
Von Lola Blume, Kassel
Per Definition ist Militarismus die Einstellung, militärische Denk- und Verhaltensweisen zur Grundlage des Staates und der Gesellschaft machen zu wollen. Wir sehen weltweit gerade einen Aufschwung der Rüstungsindustrie. Wir sehen einen Genozid in Gaza. Wir sehen die Bereitschaft von Staaten, „kriegstüchtig“ zu werden. Ein Merkmal des Militarismus ist die Betonung militärischer Formen und der Einfluss militärischer Ordnung auf die zivile Gesellschaft. Der Aufruf der Ex-Bundesregierung, Unterrichtsbesuche der Bundeswehr verpflichtend einzuführen, ist ein Anzeichen militärischer Einflussnahme. Der Militarismus braucht den Einfluss in Schulen, um eine Erziehung der Kinder im Sinne von militärischer Disziplin und damit die Bereitschaft und Befähigung zum Kriegsdienst zu erreichen. In einem Staat, der militaristisch geprägt ist, haben die persönliche Freiheit des Einzelnen, Presse- und Redefreiheit ebenso wie andere demokratischen Rechte keine Bedeutung mehr. Die aktuellen geopolitischen Konflikte, Krisen und Kriege stehen in direktem Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Interessen, Profite für Unternehmen und Staaten zu sichern.
Das heißt, Militarismus und Kapitalismus, also das Wirtschaftssystem der Gewinnmaximierung, gehen Hand in Hand miteinander. Es ist eindeutig, dass Rüstungsunternehmen im Kapitalismus von Kriegen und militärischen Konflikten profitieren. Andererseits unterstützt der Militarismus auch den Kapitalismus, indem er die Sicherheit von Investitionen und Handelswegen gewährleistet. Das Militär kann auch eingesetzt werden, um die Interessen kapitalistischer Staaten im Ausland zu sichern oder zu stärken, und bei direkten Konflikten die Interessen der Banken und Konzerne des einen Staates gegen den anderen mit Waffengewalt zu verteidigen. Daher verstärken sich Militarismus und Kapitalismus gegenseitig und führen zu einer Spirale von Aufrüstung und Konflikten mit wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen.
Eva Höhl, Bundestagsabgeordnete der SPD und zuständig für die Streitkräfte, äußerte sich im Sommer dieses Jahres: „Es wäre wünschenswert, wenn Lehrkräfte betonen würden, dass es ein wichtiger Teil der Bildung ist, sich auch mit den Streitkräften auseinanderzusetzen.“ Die sogenannten Jugendoffiziere, die als „sicherheitspolitische Vertreter*innen“ in der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr tätig sind, haben die Aufgabe, Schüler*innen der Klassen 9 bis 13 zu unterrichten und für Militärpolitik sowie Militarismus zu werben. Neben Schulen können sie auch Universitäten, Fachgruppen, Vereine und andere Institutionen ansprechen. Laut Bundeswehr wurden im Jahr 2022 fast 6.000 Veranstaltungen durchgeführt, was einer Steigerung von rund 148 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dabei erreichten sie etwa 124.000 Schüler*innen und Studierende. Es wurden nun auch Fälle bekannt, in denen die Jugendoffiziere Waffenschauen während ihrer Informationsveranstaltungen in Schulen durchgeführt haben.
Der Einsatz von Jugendoffizieren der Bundeswehr im Schulunterricht wird von der Ex-Bundesregierung damit gerechtfertigt, die Auswirkungen des Russland-Ukraine-Kriegs altersgerecht im Unterricht zu behandeln. Jedoch nimmt diese Maßnahme den Schüler*innen nicht ihre Sorgen, sondern schürt Angst und soll die Schüler*innen militaristisch indoktrinieren. Ich finde diese Art der Kriegspropaganda nicht nur angsteinflößend, sondern abartig und menschenverachtend. Der aktuelle Etat der Bundeswehr für Kriegspropaganda und „Nachwuchsgewinnung“ beträgt 58 Millionen Euro. Stellt euch mal vor, wie unser Bildungssystem aussehen könnte, wenn wir dieses Geld Kitas, Schulen und Unis umwidmen würden.
Apropos Bildung – Verteidigung der Zivilklausel
Die Zivilklausel ist eine hart erkämpfte Regelung einiger Universitäten, keine Forschungen für militärische Zwecke zu betreiben. Schon jetzt wird an zahlreichen deutschen Universitäten die Zivilklausel außer Kraft gesetzt und militärische Forschung betrieben, etwa im Rahmen der Bombenforschung an der LMU München oder der Druckluftoptimierungsforschung für Eurofighter-Triebwerke an der TU München. Die Rüstungsgüter, mit der aktuell in Gaza Krankenhäuser und Unis bombardiert werden, werden an diesen Universitäten entwickelt.
Wir müssen ein klares Zeichen gegen die Kriegspropaganda der Bundeswehr setzen. Wir müssen die Zivilklausel wahren, die Wehrpflicht verhindern und für eine Gesellschaft kämpfen, die Menschen über Profite stellt. Gemeinsam können wir dem Einfluss des Militarismus in Schulen mit Widerstand entgegentreten.
Führt diese Debatten in euren Klassen, schreibt Stellungnahmen an eure Schulleitungen, Schüler*innenvertretungen und Stadtschulräte. Zeigt eure Positionen auf der Straße! Gemeinsam können wir den Krisen und Kriegen ein Ende bereiten. Ganz nach dem Motto – Bildung statt Bomben! Bildung statt Profite.